Ich weiss nicht wo mich mein Leben hin treibt, auch habe ich keine fest definierten Ziele oder Meilensteine die ich anpeile. Auch finde ich nicht, dass ich alt bin oder etwas verpasst habe.
Seit einiger Zeit lebt jedoch ein Bild in meinem Kopf. Ein Bild auf dem ich mich selbst nicht wieder erkenne aber weiss, dass ich es bin.
Ich sehe eine alte Frau, gezeichnet von der Zeit. Tiefe Falten um ihren Mund und ihre Augen. Lange graue wellige Haare und Hände die sanft und fleckig sind, Akteure eines langen Lebens.
Um sie herum sitzen viele junge Kinder die gebannt an ihren Lippen hängen während sie mit lebvollen Augen wilde Geschichten ihrer Zeit erzählt, die Kinder schockiert und bei ihren Aufschreien schelmisch lacht.
Sie liebt es die Neuen zu unterhalten und ihnen Weisheiten mit zu geben die sie als Geschichten in ihren Herzen tragen werden, zusammen mit der Erinnerung an die alte runzelige, komische Frau. Sie liebt ihre Falten und ihre krausen Haare.
Dieses Bild gibt mir Frieden. Ich sehe das Ende und es ist ein lebendiges und feuriges.
Heute wurde mir folgendes Zitat zugetragen:
„Freude im Alter: Der Denker und ebenso der Künstler, welcher sein besseres Selbst in Werke geflüchtet hat, empfindet eine fast boshafte Freude, wenn er sieht, wie sein Leib und Geist langsam vo der Zeit angebrochen und zerstört werden, als ob er aus einem Winkel einen Dieb an seinem Geldschranke arbeiten sähe, während er weiss, dass dieser leer ist und alle Schätze gerettet sind.“
geschrieben von Nietzsche und ich habe sofort meine friedliche Version der Zukunft gesehen.
Vielleicht ist das die Aufgabe eines Denkers und Künstlers - seine Vitalität und Schönheit in Dinge fließen zu lassen, in Generationen und Kunst fließen zu lassen um dort weiter zu leben, um dort Teil der Ewigkeit zu sein.
Jede Falte ist ein Austausch für einen Moment der Freude, der Emotion und der Kreation. Das Leben nimmt Leben und gibt Falten und gleichzeitig doch auch Erleben.
Ich bin dankbar um jede Schwierigkeit und jede Last sowie jede Freude und Liebe. Und sie nehmen sich je etwas von meinem Körper und Geist. Jeder Akt der Liebe nimmt sich meine Kraft und Anstrengung, meine Ekstase um sie mich erleben zu lassen und den Moment in sich aufnehmen zu können und ewig in Zeit gemeißelt zu sein.
Der Zerfall unserer Selbst gewinnt neue Bedeutung.
Der Moment schenkt mir Falten, er zehrt von meiner Glücklichkeit. Das einzige was wir geben können ist das was wir sind. Unsere Essenz im Leben zu lassen durch den Preis der körperlichen und geistigen Degeneration ist Schönheit selbst im Verlust. Was bringt es mir meine Schönheit, meine Weisheit und meinen Leib für mich zu behalten wenn ich nicht einen dieser Begleiter mit in das Ewige nehmen kann?
Dann lasse ich doch lieber alles hier und bin Teil der grossen Schönheit die die Denker und Künstler vor mir kreierten und werde ein unabdingbarer Part des Weltgeistes der von Generation zu Generation weitergereicht und neu geformt wird und beginne so mein ewiges Leben.
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